Genossenschaftsbanken wachsen nachhaltig
11.03.2025
Bilanz 2024: Die Volksbanken und Raiffeisenbanken in Weser-Ems haben ihre Wettbe-werbsposition weiter gestärkt. Die gesamte Bilanzsumme stieg um rund zwei auf mehr als 41 Milliarden Euro. Mit einem Jahresüberschuss vor Steuern von 459 Millionen Euro haben sie erneut ein überdurchschnittliches Ertragsniveau erreicht. Auf dieser Grundla-ge ist ein nachhaltiges Wachstum gesichert. Der Genossenschaftsverband Weser-Ems mahnt zum Abbau von überbordender Bürokratie und fordert regulatorische Auflagen mit Augenmaß. Nachhaltigkeit bleibt ein wichtiges Thema und eine Chance für Weser-Ems.


Oldenburg/Weser-Ems – Die 47 Volksbanken und Raiffeisenbanken in Weser-Ems bleiben auf einem nachhaltigen Wachstumskurs. „Das ist wichtig für die Region, damit Unternehmen investieren und Eigenheime gebaut werden können und die Region über moderne Finanzdienstleistungen verfügt“, sagte der Verbandsdirektor des Genossenschaftsverbandes Weser-Ems, Johannes Freundlieb, heute in einem Pressegespräch in der Genossenschaftsakademie Weser-Ems in Rastede. Zusammen mit seinem Kollegen Axel Schwengels blickte er auf eine „sehr zufriedenstellende“ Bilanz 2024: „Die Genossenschaftsbanken haben mit einem Jahresüberschuss vor Steuern von rund 459 Millionen Euro wieder ein, auch im bundesweiten Vergleich, erstklassiges Ertragsniveau erreicht.“ Mit einer steigenden Zahl von 6.325 Beschäftigten (Vorjahr: 6.283) seien sie zudem ein wichtiger Arbeitgeber. Die zusammengefasste Bilanzsumme erhöhte sich nach Verbandsangaben um gut zwei auf 41,16 Milliarden Euro.
Betriebsergebnis über Vorjahresniveau
Das Betriebsergebnis vor Bewertung in Höhe von 1,20 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme (dBS) sei im Vorjahresvergleich nochmals gestiegen. Zudem seien kaum Belastungen durch Kreditausfälle zu verzeichnen gewesen. „Das zeugt von einer verantwortungsvollen Kreditvergabe, die durch eine große Marktkenntnis und regionale Nähe geprägt ist“, betonte Freundlieb. Der Zinsüberschuss bewege sich mit 2,05 Prozent der dBS ebenso wie der Provisionsüberschuss mit 0,62 Prozent der dBS auf dem hohen Vorjahresniveau. Von der guten Geschäftslage profitierten auch die mehr als 500.000 Genossenschaftsmitglieder, die für das Geschäftsjahr 2024 wieder attraktive Dividenden erhielten.
Ausblick: Personalkosten und Wettbewerbsdruck steigen
Die Ertragsstärke der Genossenschaftsbanken sei wichtig, damit die Häuser fit für die Zukunft blieben. „Derzeit können wir von sehr spannenden Zeiten für die Bankenlandschaft insgesamt sprechen“, sagte Freundlieb. Digitalisierung, sich verändernde Vertriebswege, steigende regulatorische Auflagen, anhaltend hoher Wettbewerbsdruck, Fachkräftemangel und einige Stichworte mehr nannten die Verbandsdirektoren. Trotz herausfordernder Rahmenbedingungen und einer anhaltenden allgemeinen Wirtschaftsflaute gehen sie für 2025 von einem soliden Ergebnis aus. Insbesondere sei die Investitionstätigkeit bei den mittelständischen Firmenkunden – trotz der schwierigen konjunkturellen Rahmenbedingungen – relativ stabil. Ein zuletzt leicht anziehender Immobilienmarkt sei zudem ein zwar schwaches, aber immerhin hoffnungsvolles Signal im Bereich der Wohnungsbaufinanzierung.
Die Aufwendungen würden aber weiter steigen. Dies gelte insbesondere für den Personalbereich der Volksbanken und Raiffeisenbanken. Neben den erwarteten kräftigen Gehaltssteigerungen, die sich in den laufenden Tarifverhandlungen abzeichneten, seien dafür zunehmende Qualifizierungsmaßnahmen sowie erhöhte Anstrengungen im Bereich Recruiting verantwortlich. „Der Fachkräftemangel ist auch in der Finanzbranche mit voller Wucht angekommen“, so Freundlieb. Zudem nehme der Wettbewerb um Kundeneinlagen weiter zu. Dies könnte sich 2025 – ebenso wie ein voraussichtlich weiter sinkendes Zinsniveau – in einer leichten Belastung des zinsabhängigen Geschäftes niederschlagen.
Kreditgeschäft bleibt Wachstumsmotor
Motor des Wachstums war 2024 nach wie vor das Kreditgeschäft. Die 47 in der Statistik erfassten Volksbanken und Raiffeisenbanken hätten 31,44 Milliarden Euro an private und gewerbliche Kunden verliehen. Das waren rund 6 Prozent mehr als im Vorjahr. Mit 27,2 Milliarden Euro entfällt ein Großteil auf langfristige Ausleihungen und somit auf gewerbliche Investitionen sowie den Bereich Wohnungsbau. Insbesondere der Bereich Dienstleistungen verzeichnete mit plus 751 Millionen Euro auf rund 7,5 Milliarden Euro einen deutlichen Zuwachs. Auch haben die Kredite an die Land- und Forstwirtschaft, nach Rückgängen in den Vorjahren, um rund 79 Millionen Euro zugelegt. Die Kredite für den Wohnungsbau erhöhten sich im Vergleich zum Vorjahr überdurchschnittlich um 8,1 %.
Erfreulicher Anstieg der Kundeneinlagen
Erfreulich sei der Anstieg der eigenen Kundeneinlagen um gut 6 Prozent auf 27,16 Milliarden Euro. „Unsere Volksbanken und Raiffeisenbanken sind bei der Geldanlage gefragte Finanzpartner“, betonte der Verbandsdirektor. Dass sich das Kredit- und Anlagewachstum im Gleichklang entwickelten sei wichtig und zeige, dass das genossenschaftliche Geschäftsmodell gut funktioniere. So werde das von Kunden aus der Region angelegte Geld wieder in der Region verliehen. Dieser Kreislauf ermögliche eine nachhaltige Entwicklung der Genossenschaftsbanken, aber auch der Region insgesamt.
Das über dem Vorjahr liegende Plus von knapp 8 Prozent bei den vermittelten Kundeneinlagen – vorwiegend Bausparverträge und Fondsanlagen – auf knapp 14,1 Milliarden Euro zeige zudem, dass Vorsorge und Vermögensbildung in Weser-Ems auf einer breiten genossenschaftlichen Grundlage stattfinde. Das sechsprozentige Plus im Anlage- und Kreditbereich liege deutlich über den im genossenschaftlichen Verbund angestrebten Wachstumszielen. „Das ist ein Beleg für die Wirtschaftskraft unseres Verbandsgebietes, aber auch für die Leistungsfähigkeit unserer Volksbanken und Raiffeisenbanken, die einen wichtigen Beitrag zum Wohlstand der Region leisten“, betonte Freundlieb.
Wirtschaft in Weser-Ems widerstandsfähig
„Trotz wirtschaftlich kritischer Rahmenbedingungen hat die mittelständische Wirtschaft in Weser-Ems weiterhin auf einem guten Niveau investiert“, sagte Schwengels. Das sei ein gutes Signal für die Widerstandsfähigkeit der Unternehmen. Damit das so bleibe, seien aber verlässliche politischen Rahmenbedingungen und ein Abbau von überbordenden bürokratischen Hürden notwendig. Mit 82 Prozent klagt laut einer genossenschaftlichen Studie aus 2024 eine steigende Zahl von Mittelständlern, dass die zunehmende Bürokratie ihren Geschäftserfolg belastet. Nach Angaben einer Studie des ifo Instituts kostet die Bürokratie in Deutschland rund 146 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung pro Jahr. Für Weser-Ems wären das rein rechnerisch rund 4,3 Milliarden Euro an Wertschöpfung, die der Region verlorengehen.
Bürokratie kostet Wirtschaftsleistung
„Dieses Problem sollte die neue Bundesregierung schnell angehen“, betonte Schwengels. Kritisch sei zudem der Bereich des privaten und gewerblichen Wohnungsbaus zu betrachten. Vor allem aufgrund der gestiegenen Baukosten seien „die eigenen vier Wände“ für immer weniger Menschen realisierbar. Zudem hätten die Banken seit 2022 mit dem zweiprozentigen Systemrisikopuffer erhöhte Auflagen zur Eigenkapitalunterlegung bei der Finanzierung von Wohnimmobilien zu erfüllen. Diese Auflage sei von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) 2024 nochmals bekräftigt worden. „Auch dieser Aspekt ist ein Faktor, der dem politisch erklärten Ziel und dem gesellschaftlich augenscheinlichen Bedarf nach mehr Wohnraum entgegensteht“, betonte Schwengels und regte an, dies seitens der Politik und der BaFin zu überdenken.
Gesunde Eigenkapitalausstattung
Insgesamt geht der Genossenschaftsverband Weser-Ems von einer weiterhin nachhaltigen Entwicklung seiner Mitgliedsbanken aus. Diese seien gut aufgestellt. Die gesunde Eigenkapitalausstattung ermögliche, die Menschen und den Mittelstand weiterhin mit Krediten für private und gewerbliche Investitionen zu begleiten. Es gebe keinen Rückzug aus der Fläche. Die Zahl der Geschäftsstellen bleibe mit knapp 400 hoch. Gleichzeitig werde in den Ausbau der unterschiedlichen Vertriebswege, in Menschen, Prozesse und in Technik investiert. „Der Kunde erwartet die Ansprache auf unterschiedlichen Wegen und gleichzeitig hält der Trend zu digitalen Abschlüssen und digitalem Bezahlen an“, sagte Schwengels. Vor allem die jüngeren Kundengruppen nutzten überwiegend digitale Wege. Darauf würden sich die Genossenschaftsbanken einstellen.
Nachhaltigkeit zentrales Thema – steht aber auf dem Prüfstand
Nachhaltigkeit bleibe für die Volksbanken und Raiffeisenbanken zudem ein bestimmendes Thema. Die Bankenaufsicht habe auf die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken in der Banksteuerung einen starken Fokus gerichtet. Ein Lichtblick sei, dass die überbordenden Regelungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen durch die aktuelle Omnibusgesetzgebung der EU-Kommission auf ein erträglicheres Maß zurückgenommen werden.
Dennoch bleibe die Energiewende eine Chance für die Region, betonte Schwengels. Allein der Bau von Photovoltaik- und Windparks sowie Wärmenetzen erfordere hohe Investitionen und bedeute eine entsprechende Wertschöpfung. Diese gelte es, in der Region zu halten. Dazu könnten auch genossenschaftliche Lösungen in einem hohen Maß beitragen. „Wir sehen momentan ein großes Interesse sowohl von privaten Investoren als auch von Kommunen an genossenschaftlichen Modellen“, sagte Schwengels. Zudem seien die Volksbanken und Raiffeisenbanken bei der Finanzierung wichtige Partner und teilweise auch direkt in der Planung und Projektierung von regenerativen Energieprojekten engagiert.
Bilanz |
2024 |
2023 |
Veränderung |
Bilanzsumme |
41,16 Mrd. € |
39,08 Mrd. € |
+ 5,33% |
durchschnittliche Bilanzsumme |
875,76 Mio. € |
797,53 Mio. € |
+ 9,81% |
Eigene Kundenkredite |
31,44 Mrd. € |
29,65 Mrd. € |
+ 6,03% |
Vermittelte Kundenkredite |
9,33 Mrd. € |
9,11 Mrd. € |
+5,30% |
Eigenen Kundeneinlagen |
27,16 Mrd. € |
25,62 Mrd. € |
+ 6,02% |
Vermittelte Kundeneinlagen |
14,08 Mrd. € |
13,04 Mrd. € |
+ 7,98% |
Zinsüberschuss |
2,05% dBS |
2,02% dBS |
+ 0,03% dBS |
Provisionsüberschuss |
0,62% dBS |
0,63% dBS |
- 0,01% dBS |
Verwaltungsaufwand |
1,53% dBS |
1,55% dBS |
- 0,02% dBS |
Betriebsergebnis |
1,20% dBS |
1,16% dBS |
+ 0,04% dBS |
Betriebsergebnis |
1,15% dBS |
1,18% dBS |
- 0,03% dBS |
Zahl Banken |
47 |
49 |
- 2 |
Zahl Bankstellen |
398 |
417 |
- 19 |
Zahl Beschäftigte |
6.325 |
6.283 |
42 |
Kernkapitalquote |
15,35% |
14,68% |
+ 0,67 % |
Gesamtkapitalquote |
16,41% |
15,77% |
+ 0,63 % |
dBS = durchschnittliche Bilanzsumme |
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